Es beginnt nicht mit einem großen Aha-Moment. Nicht mit einem Kurs, nicht mit einer Technik. Selbstliebe ist nichts, was plötzlich auftaucht, wenn man nur genug an sich arbeitet. Sie ist immer da. Aber oft ist sie zugedeckt. Zugedeckt von Erwartungen. Von alten Stimmen, die uns sagen wollen, wie wir sein sollten. Von der Idee, dass wir zuerst „richtig“ sein müssen, bevor wir uns selbst lieben dürfen.
Doch Selbstliebe beginnt nicht dort, wo alles perfekt ist. Sie beginnt genau hier. Mitten im Unfertigen. Mitten im Jetzt.
Wenn ich mir erlaube, zu fühlen, was ich fühle. Wenn ich nicht länger warte, bis ich mich besser, schöner, klüger oder richtiger finde. Sondern mir einfach erlaube, da zu sein. So wie ich bin.
Selbstliebe heißt nicht, sich immer gut zu fühlen. Sondern da zu bleiben, auch wenn es unangenehm ist. Wenn der Spiegel mir sagt, heute sehe ich anders aus als sonst. Wenn mein Kopf mir einreden will, ich müsste mich verbessern. Dann bleibe ich bei mir. Ich weiche nicht aus. Ich verurteile mich nicht. Ich atme. Und ich bleibe.
Es ist ein Dasein ohne Urteil. Ein Raum, den ich mir schenke. Egal ob ich gerade strahle oder mich klein fühle. Egal ob ich laut lache oder leise zweifle. Es ist mein Raum, und ich darf ihn bewohnen.
Selbstliebe im gelebten Alltag
Es beginnt oft schon am Morgen. Noch bevor der Tag sich zeigt, mit allem, was er bringen wird. Da ist dieser erste Moment. Wie steige ich ein in mein Leben? Mit Widerstand oder mit Freude? Mit einer Last auf den Schultern oder mit einem inneren Ja?
Wenn der erste Gedanke des Tages ein „Ich muss“ ist, wenn der Körper sich schwer anfühlt und der Kopf sofort in Sorgen gleitet, dann ist das kein Versagen. Aber es ist ein Zeichen, dass irgendwo die Verbindung zu mir selbst abgebrochen ist.
Und es ist in Ordnung. Denn Selbstliebe beginnt nicht damit, alles sofort zu ändern. Sie beginnt damit, es bewusst wahr zu nehmen und zu aktzeptieren.
Manchmal genügt ein einziger Atemzug. Ein inneres Umstellen. Ein bewusstes Hineinspüren in diesen Moment, der jetzt ist. Nicht das, was gestern war. Nicht das, was morgen vielleicht kommt. Sondern dieser eine Moment, in dem ich mir selbst begegne.
Selbstliebe zeigt sich nicht in idealen Umständen. Sie zeigt sich darin, wie ich mit mir umgehe, wenn Dinge nicht nach Plan laufen. Wenn etwas schiefgeht, wenn das Außen mich unterbricht und ich trotzdem bei mir bleibe. Nicht im Ärger verharren, nicht im Mangel steckenbleiben, sondern atmen, weich werden, mich erinnern, dass ich mehr bin als dieser eine Moment.
Es ist leicht, sich zu mögen, wenn alles gut läuft. Doch wahre Selbstliebe zeigt sich genau dann, wenn es das nicht tut. Wenn ich mir selbst Raum gebe, auch dann, wenn ich gereizt bin. Auch dann, wenn ich mich gerade nicht schön finde. Auch dann, wenn ich am liebsten flüchten würde.
Wenn die Verbindung wieder lebendig wird
Was geschieht, wenn wir uns nicht länger ablehnen? Wenn wir aufhören, uns selbst im Weg zu stehen? Wenn wir still werden und zurückkehren – nicht zu einem Ideal, sondern zu dem, was wir wirklich sind?
Es entsteht Fülle, die sich in jede Zelle ausbreitet. Die Welt beginnt, sich anders zu zeigen. Wege öffnen sich, die vorher verschlossen schienen. Begegnungen treten ins Leben, die wir früher übersehen haben. Nicht, weil sie plötzlich da sind. Sondern weil wir endlich bereit sind, sie zu empfangen.
Wer mit sich im Reinen ist, begegnet der Welt nicht mehr mit einer Maske, sondern zeigt sich so, wie er wirklich ist. Nicht aus dem Wunsch heraus, perfekt zu erscheinen, sondern aus dem tiefen Vertrauen, dass Aufrichtigkeit genügt. Und genau darin liegt die Kraft, die alles verändert. Die Gedanken beruhigen sich, der Blick wird weiter und das, was vorher im Urteil gefangen war, darf sich nun in eine stille Annahme verwandeln, nach innen wie nach außen.
Wer sich selbst liebt, ist nicht mehr auf Bestätigung von außen angewiesen, und genau in diesem Zustand innerer Fülle beginnen andere Menschen, etwas anderes in dir wahrzunehmen. Sie spiegeln dir nicht mehr das, was fehlt, sondern erkennen das, was in dir gewachsen ist. Du musst nichts mehr tun, um geliebt zu werden. Du bist. Und das genügt. Deine Energie spricht, lange bevor du ein Wort sagst.
Selbstliebe ist ein inneres Leuchten, das sich nicht beweisen muss. Es urteilt nicht. Es erwartet nicht. Es strahlt. Und genau darin liegt seine Kraft.
Wenn du dich selbst nicht mehr ablehnst, verlierst du auch das Bedürfnis, andere zu verurteilen. Du beginnst, Menschen wirklich wahrzunehmen, ohne sie in Schubladen zu stecken oder an alten Geschichten festzuhalten, und so öffnet sich dein Blick für das Leben, wie es wirklich ist – unvollkommen, berührend, lebendig.
Und vielleicht, spürst du dann in dir diesen stillen Satz:
Ich bin angekommen. Nicht irgendwo, sondern bei mir.