Dankbarkeit ist der leise Boden, auf dem Fülle wächst

Was, wenn Dankbarkeit nicht einfach das höfliche Wort am Ende eines Satzes ist? Nicht die schnelle Reaktion auf ein Geschenk, nicht das automatische Nicken, wenn jemand etwas für uns tut? Was, wenn Dankbarkeit viel stiller ist, viel umfassender, das nicht laut ausgesprochen werden muss, weil es bereits in uns schwingt?

Vielleicht beginnt sie genau dort, wo wir aufhören, die Dinge für selbstverständlich zu halten. Wo wir innehalten und wahrnehmen, wie viel uns umgibt, das wir nicht erschaffen haben, das einfach da ist. Wie oft gehen wir an diesen kleinen Wundern vorbei, ohne sie zu sehen? Wie oft richten wir den Blick auf das, was fehlt, statt auf das, was uns trägt?

Dankbarkeit ist kein Zustand, den man erzwingen kann. Sie entsteht nicht durch Willenskraft, sondern durch Bewusstheit. Sie wächst im Moment, in dem wir uns berühren lassen vom Leben selbst. Manchmal genügt ein Atemzug, ein Lichtfleck auf dem Boden, ein leiser Gedanke, der sagt: „Ich bin hier. Ich lebe. Und vielleicht ist das schon genug.“

Wenn du dich fragst, wie du mehr Fülle in dein Leben bringen kannst, könnte es sein, dass sie längst da ist, aber in anderer Gestalt? Könnte es sein, dass du gar nicht mehr brauchst, sondern nur tiefer sehen darfst?

Vielleicht ist Dankbarkeit kein Ziel, sondern ein stilles Erinnern. Ein Zurückfinden in den gegenwärtigen Augenblick. Dort, wo alles beginnt.

Wenn wir uns wieder an Dankbarkeit erinnern

Es gibt Momente, in denen wir uns von diesem Gefühl entfernen. Nicht weil wir es wollen, sondern weil uns der Alltag überholt. Weil Sorgen lauter werden als das, was still in uns wirkt. Weil der Blick sich verengt und alles drängt. In solchen Zeiten vergessen wir oft, dass Dankbarkeit kein Ziel ist, sondern ein Raum, der uns offen steht.

Manchmal braucht es keine großen Worte, sondern einfach das Bewusstsein, dass wir zurückkehren dürfen. Eine kleine Geste, ein tiefer Atemzug, ein Blick nach innen, um wieder wahrzunehmen, was längst da ist. Und vielleicht entsteht genau dort, wo wir uns wieder wahrhaftig spüren, ein feiner Impuls. Etwas in uns erinnert sich, ohne dass wir etwas tun müssen.

Und wenn wir diesem feinen Impuls zulassen, beginnt sich etwas in uns zu weiten. Es ist kein lautes Gefühl, kein grelles Licht, sondern eher wie ein inneres Aufatmen. Etwas richtet sich auf, ohne dass wir uns anstrengen. Etwas wird weich, ohne dass wir zerbrechlich werden. Dankbarkeit verändert nicht, was wir sehen, sie verändert, wie wir es sehen.

Was uns zuvor schwer erschien, verliert an Schwere. Was uns gehetzt hat, verliert an Bedeutung. Und das, was wirklich zählt, rückt näher. Nicht, weil wir es gesucht haben, sondern weil wir wieder fähig sind, es zu empfangen.

In dieser inneren Offenheit geschieht Verbindung. Verbindung zu uns selbst, zu anderen und zum Leben. Und manchmal genügt genau das, um etwas in Bewegung zu bringen, das zuvor festzustecken schien.

In der Stille des Morgens beginnt das Erinnern

Und schon in jenem ersten Moment nach dem Erwachen, wenn der Blick noch weich ist und der Lärm des Alltags noch schweigt, beginnt dieses leise Erinnern. Es braucht nicht viel. Vielleicht nur das bewusste Spüren, dass du atmest, dass du da bist, dass du den Tag nicht beginnen musst, sondern beginnen darfst. Und in dieser Haltung entsteht etwas, das dich von innen heraus aufrichtet, bevor der erste Schritt getan ist.

Wenn du dich genau in diesem Augenblick verbindest mit dem, was schon da ist, wird Dankbarkeit fühlbar. Für das Licht, das dich berührt, ohne dass du es kontrollieren musst. Für einen Körper, der dich durch dieses Leben trägt, der dir Raum gibt, dich auszudrücken, zu fühlen, zu sein. Für das Leben selbst, das dir in jedem Moment die Möglichkeit schenkt, neu zu beginnen.

Vielleicht ist es genau dieser Augenblick, der den ganzen Tag formt. Nicht, weil sich alles ändert, sondern weil du beginnst, es anders zu sehen.

Maik Blum
Maik Blum

Ich bin Maik Blum und schreibe, weil es meine Art ist, Gedanken und Erfahrungen in eine Form zu bringen. Schreiben öffnet für mich Räume, in denen ich meine eigene Welt betrachten und zugleich etwas in die Welt hinaustragen kann, das auch für andere von Bedeutung sein kann. Das Schreiben bedeutet für mich, meine Sicht auf die Welt zu teilen. Ich glaube, dass Worte einen Blickwinkel eröffnen können, der uns einander näher bringt.

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